Diese Seiten sollen etwas in Kurzform die Hintergrundproblematik zum Spiel "Projekt-Urbanus" beleuchten. Die stadtgeschichtliche und architektonische Entwicklung von Chemnitz, dessen virtuelles Abbild ja "Projekt Urbanus" sein soll, steht im Mittelpunkt. Der Text gliedert sich in vier chronologisch wichtige Abschnitte.

1. Von der Reichsgründung bis in die dreißiger Jahre
2. Zweiter Weltkrieg und Zerstörung
3. Sozialistischer Wiederaufbau und DDR-Zeit
4. Entwicklungen nach der Wiedervereinigung 1990 bis jetzt


1. Teil: Reichsgründung bis dreißiger Jahre (Industrialisierung)

Chemnitz entwickelte sich im 19. Jahrhundert von einer mittelalterlichen Stadt zur Industriestadt. Den Startpunkt setzte hierbei die Gründung des der Baumwollspinnerei Bernhard um 1800 in Harthau, in deren Folge sich zahlreiche weitere Spinnereien ansiedelten. Im Laufe der Zeit ging man von Manufakturfertigung zur Industrieproduktion über, und aus den Reparaturwerkstätten wurden später selbstständige Maschinenbau-Unternehmen. Durch diesen Gewerbefleiß entwickelte sich Chemnitz schnell zur "ersten Fabrik- und zweiten Handelsstadt" im Freistaat Sachsen.


Die Reinecker Werke


Ab 1837 begann einer der bedeutendsten Männer und zugleich Unternehmen der Stadt, Richard Hartmann, zu wirken. Durch seine zahlreichen Fähigkeiten als Maschinenbauer und Kaufmann entwickelte er seine Firma zu eine der größten und weltweit bekanntesten in Chemnitz. Berühmt war beispielweise der Lokomotivbau von Hartmann. Weitere Großfabriken siedelten sich vor allem am Stadtrand von Chemnitz an, z.B. Schubert & Salzer, Hermann Pöge, Schönherr, Haubold, Reinecker, Wanderer und Union Werkzeugmaschinen. Chemnitz erlangte Weltruhm unter dem Begriff "Sächsisches Manchester". Dieses Aufblühen der Wirtschaft hatte bald auch starke Auswirkungen auf die Bautätigkeit in der Stadt, die Stadtmauer wurde abgerissen und der Stadtgraben aufgefüllt. Es entstanden neue Schulen und Theater.

Die Wanderer-Werke an der Zwickauer Straße
Die Wandererwerke an der Zwickauer Straße

Diese Entwicklung beschleunigte sich noch mit der Gründung des deutschen Reiches 1871 und der nachfolgenden Gründerzeit. Es kam zu einer regelrechten Bevölkerungsexplosion. In dieser Zeit sind zahlreiche Wohngebiete in Karreeform, die auch heute im wesentlichen noch so erhalten sind, angelegt worden, wie der Kaßberg, Sonnenberg und Lutherviertel. Verkehrswege und -mittel wurden drastisch verbessert, so zum Beispiel Eröffnung der Chemnitzer Pferdebahn 1880, elektrische Straßenbahn ab 1903, Bau von zahlreichen Bahnhöfen und Brücken.

Der Hauptbahnhof
Der Chemnitzer Hauptbahnhof


In dieser Zeit wurde auch im wesentlichen die Citybildung mit ihren repräsentativen Gebäuden und Geschäftsstraßen abgeschlossen, so Zum Beispiel am Johannisplatz und in der Königsstraße. Der starke Bevölkerungsanstieg hatte zur Folge, das die alten Rathäuser nicht mehr ausreichten, und so von 1907-1911 das neue Rathaus am Markt gebaut, um den Verwaltungsaufgaben der Stadt gerecht zu werden. Natürlich entstanden in dieser Zeit auch weitere kulturelle Einrichtungen, wie zum Beispiel das König Albert-Museum und das Neue Stadttheater, später Opernhaus auf dem Königsplatz.


Der Johannisplatz - zentraler Verkehrsknotenpunkt

Neues Rathaus
Das neue Rathaus am Neumarkt


Nicht unerwähnt bleiben soll, dass in den Zwanziger und dreißiger Jahren sich die Stadt zwar nicht mehr wesentlich veränderte, jedoch einige wichtige Gebäude im neuen modernen Architektur-Stil (teilweise Bauhaus) der Zwanziger entstanden. Diese Gebäude verzichten weitgehend auf den vielen Zierrat und Schnörkel der Kaiser- und Gründerzeit und setzten auf klare Formen. Trotz allem gelang es einen einzigartigen und harmonischen Charakter dieser Bauwerke zu bewahren.

Einige Beispiele sind hierfür der Neubau des Kaufhauses Schocken an der Brückenstraße, die Deutsche Bank am Falkeplatz, das Flughafengebäude, das Gebäude der Ortskrankenkasse, die Industrieschule, Verwaltungsgebäude der Sparkasse, das Hotel "Chemnitzer Hof" oder das Stadtbad.


Der Chemnitzer Flughafen


Nachfolgend noch einige Zahlen um den raschen Bevölkerungsanstieg zu verdeutlichen:

1871       68 000 Einwohner
1883     102 700 Einwohner
1895     161 000 Einwohner
1900     207 000 Einwohner
1906     250 000 Einwohner
1912     304 500 Einwohner
1928     351 250 Einwohner


Die Poststraße Die Poststraße mit vielen Geschäften


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