3. Teil Wiederaufbau und DDR-Zeit

1949 wurde aus der sowjetischen Besatzungszone die DDR gegründet. Dadurch kam wiederum ein totalitäres Regime an die Macht, welches sich auch stark auf den Städtebau auswirkte. Nicht nur die Zerstörungen des Krieges, sondern auch die sozialistischen Ideale des Wiederaufbaus und Städtebaus manifestierten die völlige Veränderung des Chemnitzer Stadtbildes für immer.

In den fünfziger Jahren begann man zunächst noch behutsam sich an der alten Bausbstanz und Straßenführung orientiert wiederaufzubauen. Diese Häuser wurden nach dem Aussehen den sogenannten "Stalin"- oder "Zuckerbäcker"-Stils errichtet, z.B. in der Inneren Klosterstraße. Diese Bauform fügte sich größtenteils noch recht harmonisch in die alten Straßenbilder ein.

1953 wurde Chemnitz auf Regierungsbeschluss in "Karl-Marx-Stadt" umbenannt. Karl Marx hatte keine besondere Beziehung zu dieser Stadt, dieses Vorhaben hatte einzig und allein den Zweck, Chemnitz zu einer sozialistischen Musterstadt zu machen.


An der Wilhelm-Pieck-Straße, früher Theaterstraße


Diesem Vorhaben getreu wurde dann auch der weitere Wiederaufbau vorangetrieben, es wurden weite und große Aufmarsch-Straßen angelegt. Der Wiederaufbau der innerstädtischen Wohngebiete erfolgte in Großplattenbauweise, wobei die alte Straßenführung vollkommen unbeachtet blieb, z.B. auf dem Gebiet des früheren Rossmarktes (später Rosenhof), hinter dem Opernhaus, seitlich der Hartmannstraße. Diese Faktoren haben zur Folge, dass man sich heute das alte Stadtbild nicht mehr oder nur schwer vorstellen kann, wenn man vor Ort ist.


Der Rosenhof, gebaut auf dem früheren Roßmarkt, Richtung Rathaus


Die zwei zentralen Achsen in der DDR-Zeit bildeten die Straße der Nationen (früher ungefähr Lage der Königsstraße) welche gesäumt war von Verwaltungsgebäuden einiger DDR-Kombinate (Rawema, Numerik, Hauptpost usw.) sowie im weiteren Verlauf von Wohn und Geschäftsgebäuden. Diese waren in einer speziellen architektonischen Form gebaut, ein Flachbau mit Geschäft längs zur Straße, dahinter 90 Grad ein hoher Wohnblock. (steht heute sogar Erbe der sozialistischen Architektur unter Denkmalschutz!)


Die Straße der Nationen mit der Front- und Querbebauung


Die Zweite wichtige Achse war die Karl-Marx-Allee, vorher und heute wieder Brückenstraße, welche im Winkel von 90 Grad die Straße der Nationen kreuzt. Die Karl-Marx-Allee wurde und wird rechterhand durch das 1971 eingeweihte riesengroße Karl-Marx-Monument (geschaffen von dem sowjetischen Bildhauer Lew Kerbel) begrenzt und dahinter das frühere Parteigebäude der SED-Bezirksverwaltung. Auf der linken Seite befindet sich das weithin sichtbare und als sozialistischer Repräsentativbau erkennbare Architekturensemble der Stadthalle und des Interhotels "Kongress". Diese zwei Bauwerke haben sozusagen die neue Mitte von Karl-Marx-Stadt gebildet und geprägt, und werden auch heute noch rege genutzt.


Die Stadthalle, rechts dahinter das Hotel Kongress


Diese Straßen waren wirklich furchtbar breit angelegt, ca. 30m schätze ich (jeweils 2 Fahrspuren auf beiden Seiten, in der Mitte 2 Straßenbahnspuren und Parkplätze an den Seiten). Die Nutzung als Demonstrations- und Aufmarschstraßen habe ich selbst an den jährlich stattfindenden Mai-Demonstrationen mit "Zwangs"-teilnahme miterlebt. Diese Größe ist für eine Innenstadt völlig ungeeignet, weil von der Dimension her unmenschlich, so kommt kein urbanes und vertrautes Flair auf. Diese im Sozialismus geschaffenen Realitäten wirken auf die Stadtentwicklung und das Lebensgefühl bis heute.

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